Stell dir vor: endlose Savannen, weite Graslandschaften – unser Steinzeitgehirn liebt sie. Warum? Weil freie Sicht über Gras Sicherheit bedeutete. Ein herannahender Säbelzahntiger? Frühzeitig erkannt! Dieses uralte Sicherheitsgefühl begleitet uns bis heute, wenn wir über gepflegte Rasenflächen blicken.
Rasen ist mehr als nur Grünfläche – er ist Spielfläche, Liegewiese, Grillplatz und manchmal einfach nur schön anzusehen. Doch bevor du dich für einen Rasen entscheidest, überlege:
Deine Antworten führen dich entweder zum klassischen „Englischen Rasen“ oder zum charmanten „Bunten Rasen“.
Ein perfekter Rasen erfordert:
Kurz gesagt: Ein solcher Rasen ist ein Vollzeit-Hobby. Doch für viele ist es die Mühe wert.
Geduld ist gefragt. Warte mit der Aussaat bis Mai oder Juni, wenn die Temperaturen konstant über 10 °C liegen. Vorheriges Überharken hilft, die Fläche ebenmäßig zu gestalten und Unkraut vorzubeugen. Säst du zu früh, keimen die Wildpflanzen und sind schon schön grün, bevor die Rasensamen kommen. Säst du ab Mai/Juni, siehst du oft schon nach 7 Tage die Rasenkeimlinge hervorspitzen.
Erhalten deine Gräser immer nur ganz an der Oberfläche etwas Wasser, haben sie keine Motivation in die Tiefe runter zu wurzeln. Sie bilden oberflächlich einen Wurzelfilz, der aber keine Widerstandsfähigkeit bei Trockenheit entwickeln konnte. Die Gräser müssen nach unten durchwurzeln!
Verpilzung entsteht nur bei zu feuchtem Milieu. Und wenn es zu feucht ist an deinem Rasen, dann musst du ja nicht wässern. Lege den Fokus des Rasenwässerns lieber da drauf, dass wenig Wasser verdunstet und möglichst viel davon in den Boden einsickert.
Achte stets auf scharfe Messer, um die Grashalme nicht zu verletzen.
Mulchmähen kann helfen, Nährstoffe im Boden zu halten.
Einmal jährlich im Frühjahr vertikutieren, um Filz und Moos zu entfernen. Vorm Vertikutieren musst du den Rasen kurz abmähen. Dann reißt du mit dem Gerät immer in eine Richtung den Filz auf. Vertikutiert wird stets bei trockenem Boden.
Nach dem Vertikutieren kahle Stellen nachsäen und gut wässern.
Frischer Rasenschnitt hat noch viel Feuchtigkeit. Wenn du den Rasenschnitt frisch und feucht, vielleicht auch noch alles auf einmal auf dem Kompost kippst, wird diese Schicht recht wahrscheinlich eine faulige schmierige Masse werden.
Wenn du den Rasenschnitt vorm Aufsetzen auf den Kompost antrocknen lässt, wird seine Masse schon weniger. Wenn du jetzt noch etwas Holzhäcksel oder Sägespäne von Vollholz drunter mischst, verrottet das nicht mehr so feuchte Material besser.
Moos wächst schon bei Temperaturen von 0 bis 10 Grad Celsius. Das ist sein Startvorteil gegenüber den Gräsern. Besonders das Sparrige Kranzmoos (Rhytidiadelphus squarrosus) gedeiht häufig in Rasengärten, besonders im Schatten.
Die Gräser holen ihren "Startvorteil" im Laufe des Sommers wieder auf, wenn die Temperaturen steigen und das Gras aktiv wächst.
Eisenhaltige Dünger bringen zwar das Moos erst einmal um. Das Moos wird schwarz und kann dann raus-vertikutiert werden. Aber der Boden wird wegen der Säuren eben saurer. Und absurderweise mögen Moose saureres Milieu und kehren umso lieber zurück. Dann brauchst du für den grünen, gleichmäßigen Rasen Kalk. Und die Teufelsspirale aus Einsatz von Mittel über Mittel dreht sich im Kreis.
Falls du tolerieren kannst, was da im Rasen nun einmal neben Gräsern so wächst: Moose und Kräuter, dann hast du ein viel leichteres Leben, hast Zeit für andere Freizeitbetätigungen und tust auch noch was für die Biodiversität im Garten! Dann ist ein Bunter Rasen was für dich!
Die Stollen der Fußballschuhe oder auch eigens erfundene Rasenspikes machen Löcher in den Boden, die Luft reinlassen. Du bringst etwas Sand auf die aerifizierte Fläche auf und rechelst den ein. Solange auch genug Wasser an die Wurzeln kommt, können die Gräser schnell wieder in die neuen Hohlräume einwurzeln.
Krokusse blühen so früh, dass du ihr vollständiges Verblühen abwarten kannst, bevor du den ersten Mähdurchgang im Frühjahr vornimmst.
Bei Narzissen oder Tulpen im Rasen ist das nicht ganz so einfach. Diese brauchen länger ins Jahr hinein, um ihre Blüte zu entfalten und danach auch noch Zeit, um über ihre Blätter genug Photosynthese zu betreiben und neue Kraft in ihre Zwiebeln fürs folgende Jahr einzulagern. Erst dann könntest du sie abmähen.
Narzissen und Tulpen wirst du also eher im Rasen als Inseln stehen lassen, oder sie gleich in deine schönen Staudenbeete integrieren. Dann kann deine top Rasenpflege auf der gesamten Rasenfläche gleichmäßig und überall erfolgen.
Ein bunter Rasen ist eine Mischung aus Gräsern und Kräutern wie Gänseblümchen, Klee und Löwenzahn. Er ist:
Experimentiere mit Wechselmähen, um verschiedenen Pflanzen das Blühen zu ermöglichen.
Du kannst eine kräuterreiche Rasenmischung ansäen. Achte aber darauf, dass du ausdauernde Wiesenkräuter drin hast und nicht kurzlebige Arten wie Klatschmohn oder Escholtzia, welche nur im ersten Jahr auftauchen und dann verschwinden (Warum das so ist liest du im Artikel über die Blumenwiese).
Am Anganf der Menschheitsgeschichte haben Graslandschaften Überblick erlaubt und somit Sicherheit geboten vor Feinden im Menschen- und Tierreich. Als Menschen sesshaft wurden und mit dem Getreidebau zugange waren, haben sie die bewirtschafteten Areale durch Zäune von der „Wildnis“ abgetrennt. Behütete Grasflächen für die Familien und das Vieh entstanden.
Im Mittelalter war der Boden kostbar. Wer Land hatte, baute darauf Nahrung an. Ein Stück Erde einfach nur grün wachsen zu lassen – ohne Nutzen? Undenkbar. Nur wer wirklich reich war, konnte es sich leisten, dem Boden nichts abzuverlangen. Rasen war Luxus. Ein Zeichen von Reichtum und Macht. Wer Rasen hatte, hatte auch Bedienstete, die ihn pflegten. Und er brauchte das Land nicht zum Überleben.
Um Burgen war die Fläche meist kurz gehalten – nicht für die Optik, sondern zur Verteidigung. Man wollte freie Sicht auf mögliche Angreifer. Auch das Vieh sollte weiden können. Doch gepflegter Zierrasen? Eher nicht. Das war abgefressenes oder mit der Sense gekapptes Grünland.
In den mittelalterlichen Gärten der Adligen – den Horti conclusi oder Horti amoeni – wurden mit Liebe ganze Wiesensoden aus der Natur ausgestochen und in kleine Lustgärten verpflanzt: mit Gänseblümchen, wilden Erdbeeren, Primeln. Alles zur Freude der feinen Herrschaften.
Später, in den englischen Landschaftsparks, wurde der Rasen zur Kulisse für romantische Landschaftsbilder – leer, weit, makellos. Keine Blumen, keine Tiere, nichts als perfekt getrimmtes Grün. Ein reines Gestaltungselement. Und die Pflege? Aufwendig! Dutzende Gärtner mähten per Hand – täglich.
Dann kam die Revolution: Edwin Beard Budding erfand 1830 den Spindelmäher. Eine technische Rettung für gestresste Adlige und ihre Gartenleute.
Im 18. Jahrhundert wurden die Rasenflächen um Herrenhäuser zu Bühnen der feinen Gesellschaft. Man lustwandelte, spielte „gesittete“ Spiele – Rasen wurde zum Treffpunkt für elegante Zerstreuung. Und wer konnte, legte dafür gleich mal ein ganzes Landschaftstheater an.
(Wobei… andernorts ging’s weniger zivilisiert zu: Da wurden Teiche für Seeschlachten ausgehoben und Wildtiere zum Spektakel versenkt. Andere Zeiten, andere Sitten.)
Rasen gilt noch immer als ordentlich, präsentabel, gepflegt. Doch verändert sich da was? Wird der perfekte Zierrasen langsam hinterfragt? Kommt Vielfalt zurück ins Spiel – Klee, Kräuter, Moose? Vielleicht steht das Statussymbol Rasen ja tatsächlich auf der Kippe. Und macht Platz für lebendigeres Grün.
Beide Varianten haben ihren Reiz. Überlege, was zu dir und deinem Garten passt.
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